Hoher Krankenstand und Unfähigkeit durch unselbständige Arbeit

Wie Hierarchie und fehlende Selbstbestimmung krank und unfähig macht

06.08.2012, Von Stephan Schwab

Wirtschafts- und Tagespresse berichten seit einigen Jahren über die Zunahme psychischer Erkrankungen unter Mitarbeitern. Dabei ist bereits seit 1967 ein Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen und hohem Krankenstand bis hin zu frühem Tod nachgewiesen. In der bereits zweimal durchgeführten Whitehall-Studie kam heraus, daß starke hierarische Unterschiede, geringe Verantwortung und fehlende Eigenbestimmung am Arbeitsplatz das Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen erhöhen.

Und scheinbar macht geringe Verantwortung auch dumm! In einem psychologischen Experiment stellten Wissenschaftler 2008 in den Niederlanden fest, daß Probanden, die einer Gruppe mit geringer Verantwortung zugeordnet wurden, weit schlechter geistige Aufgaben ausführung konnten, als jene, die einer Gruppe mit hoher Verantwortung zugeordnet wurden.

Zu viele Regeln und zu viel Spezialisierung

Je mehr Regeln es im Unternehmen gibt, desto unselbständiger wird die Arbeit für die Mitarbeiter. Je stärker Mitarbeiter auf einzelne Teilaufgaben spezialisiert eingesetzt werden, desto mehr geht das Verantwortungsgefühl und das Verständnis für den Zusammenhang der eigenen Arbeit für das Gesamtunternehmen verloren. Der Mensch wird nach und nach zu einem Teil einer Maschine. Und diese Teile können ab einem gewissen Punkt beliebig ausgetauscht werden.

In der Sackgasse

Nach Peter Senge identifizieren sich viele Mitarbeiter mit ihrer Arbeit und Position im Unternehmen. Das führt dann einerseits dazu, daß es für sie schwieriger wird neue Dinge zu lernen und über den eigenen Tellerrand hinaus zu denken. Ich möchte hinzufügen, daß diese starke Identifikation mit der Position im Unternehmen bei Strukturveränderungen auch zu weit gravierenderen Problemen führt.

Die Gewerkschaften gehen davon aus, dass ein Teil der Selbstmorde direkt auf die Arbeitsbedingungen und den Konzernumbau bei France Télécom zurückzuführen ist. In den vergangenen Jahren wurden 22.000 Stellen abgebaut und 7000 Mitarbeiter versetzt.

Spiegel vom 13.09.2009, Selbstmordserie erschüttert France Télécom

Schlechte Zusammenarbeit, die dann auch die Kunden bemerken

Zu viel Spezialisierung in Kombination mit fremdbestimmter Arbeit schadet dem Unternehmen nicht nur durch hohen Krankenstand. Darunter leidet auch die Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern und Abteilungen - und das bemerken dann irgendwann auch die Kunden. Auf einmal bleiben Aufträge aus und in der Folge verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens.

Lösungsansätze

Jedes Unternehmen ist speziell. In jedem Unternehmen gibt es eine anders geartete Kultur und sogar in den verschiedenen Abteilungen ist diese häufig ganz unterschiedlich. Daher gibt es nicht die eine Lösung, die überall paßt. Ich denke allerdings, daß es schon ein paar Maßnahmen gibt, die auf jeden Fall ein sinnvoller Anfang für Verbesserungen sind.

  • Sichtbarmachung der Zusammenhänge gegen "Bunkermentalität"
  • Vermeidung von (gegenseitigen) Abhängigkeiten
  • Schlankere Strukturen und Abläufe

Im Zusammenhang mit der Bestimmung der Unternehmenskultur kann dann Team-Coaching und der Einsatz von Techniken wie z.B. Kanban und Wertstromanalyse erfolgen.

Das Fernziel ist das Unternehmen hin zu einem funktionierenden sozialen Netzwerk zu entwickeln damit es besser auf Veränderungen des Marktes und der Kundenbedürfnisse reagieren kann. Menschen haben sich schon immer untereinander in sozialen Netzwerken selbst organisiert. Die industrielle Arbeitsorganisation hat das lediglich in den letzten 100 Jahren schwieriger gemacht - mit negativen Folgen für die Gesundheit der Menschen und die Produktivität der Unternehmen.



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